6.6.15

Kann sich der Einsatz digitaler Medien im Unterricht positiv auf das Lernen der Schüler auswirken?

Da ich von Christian Ebel zu einer Blogparade mit dem oben genannten Titel eingeladen worden bin, will ich gern etwas dazu schreiben, auch wenn ich  für die Beantwortung der Frage nur bedingt geeignet bin. 
Vor allem will ich gern dazu beitragen, dass diese Blogparade noch besser bekannt wird.
Aber ich habe auch einige positive Erfahrungen gemacht. Die beziehen sich freilich nur auf gut zwei Schuljahre, und die liegen lange zurück (2005/06 und 2006/07).

Was sind meine positiven Erfahrungen?
Eine Schülerarbeit aus der 8. Klasse, die ich damals ins Netz gestellt habe, ist inzwischen über 98 000 mal abgerufen worden.
Aus der Arbeit einer 11. Klasse ist ein Wikipediaartikel entstanden, der in den letzten 90 Tagen über 2000 mal abgerufen worden ist.
Ein Schüler der 13. Klasse, der sich in einer über 100 km entfernten Schule einsam auf seine Abiturprüfung vorbereitete, wurde durch die Arbeiten meiner 13. Klasse angeregt, auch seine Abiturvorbereitungen ins Netz zu stellen.
Für mich persönlich am wichtigsten: Ein Kollege, den nicht nur ich für weit fähiger halte als mich, ließ sich von mir anregen, genauso wie ich mit seiner Klasse im ZUM-Wiki zu arbeiten (dafür gibt es inzwischen die Kurs- und Klassenseiten und zwar über 350). Und er berichtete mir nachher, seine Schüler hätten das als sehr hilfreich empfunden und ihn gefragt, weshalb er das nicht schon früher mit ihnen gemacht habe. (Meine Schüler empfanden die Arbeit im ZUM-Wiki, wenn ich es richtig sehe, eher als eine persönliche Marotte von mir.)
Darüber hinaus kann ich auch sonst vor allem über Unterricht von anderen berichten, den ich im Netz mitverfolgen konnte und der mir sehr imponiert hat. (zum Beispiel: Lernpfade,  Romantische Schule)

Daher antworte ich auf die Alternativfrage des Titels: Ja.

Die Fragestellung verdient freilich eine ausführlichere Behandlung.
Im Augenblick lässt es aber meine Arbeitssituation  nicht zu, die verschiedenen Positionen gegeneinander abzuwägen. Daher belasse ich es vorerst bei diesem Erfahrungsbericht, füge aber einige ergänzende  Berichte und Stellungnahmen hinzu.

Ich behalte mir vor, auf das Thema zurückzukommen, wenn meine Voraussetzungen wieder günstiger sind.

Statt dessen zunächst einmal ein paar Verweise auf andere Beiträge zur Blogparade, auch wenn ich gegenwärtig außerstande bin, sie vollständig mitzuverfolgen. (Wichtiger als mein Beitrag ist alles hier Genannte.)

Dazu:
Ein Beitrag von Andreas Kalt, der die Frage vorbildlich umfassend angeht:

Mit digitalen Medien besser lernen? Mein Beitrag zur Blogparade

darin u.a.:
"Durch die gemeinsamen Notizen der Schüler bekomme ich einen Einblick in deren inhaltliches Verständnis der Unterrichtsthemen, aber auch in ihre methodischen Fähigkeiten (zusammenfassen, formulieren, strukturieren etc.), so dass ich regelmäßig Wiki-Beispiele im Unterricht bespreche, um unklare Punkte auszuräumen oder besonders gute Aspekte hervorzuheben.
Das Wiki ist unser gemeinsam geführtes Heft, jedem Schüler steht es frei, auch seine persönlichen Notizen aus dem Unterricht auf einer persönlichen Seite im Wiki zu schreiben oder parallel ein Papierheft zu führen."
Karl Kirst:

Philippe Wampfler:
Haben digitale Medien einen Mehrwert für das schulische Lernen?
"Die Frage setzt voraus, dass bekannt ist, was »schulisches Lernen« ist. Damit wird davon ausgegangen, dass sie nur im Rahmen eines schulischen Settings beantwortet werden kann, das mit bestimmten Annahmen gekoppelt ist, z.B.:
  • Das relevante, interessante Lernen ist das schulische.
  • Die Rollenverteilung von Lehrkräften und Lernenden ist gegeben.
  • Das Schulhaus als Raum mit Klassenzimmern, in denen Präsenzlektionen abgehalten werden, stellt den Lernort dar.
  • »Lernen« ist leistungsbezogen: Es führt zu einem Output, der z.B. in Prüfungen messbar ist und zu Abschlüssen und Qualifikationen führt. [...]"
"Mit Tablet und Handy wird der Mathematik-Unterricht für die Schüler des Franz-Stock-Gymnasiums in Arnsberg anschaulicher. [...]"

  1. Eine große Chance sehen wir darin, die knappe Zeit im Plenum sinnvoller und effizienter nutzen zu können, da durch digitale Übungen mit automatisiertem Feedback (z. B.LearningAppsMoodle-Tests, …) ineffektive (da kaum individualisierte) Vergleichs- und Sicherungsphasen gespart werden können (z. B. zähe Übersetzungsvergleiche im Lateinunterricht: http://www.dgipad.net/blog/2014/12/5/bersetzungsarbeit-mit-baiboard).
  2. Größere Transparenz und Interaktion: [...]
"[...] ging es darum, dass die SuS eines Grundkurses Geschichte ihre schriftlichen Quellenanalysen ins Blog stellen sollten. Alle SuS hatten dann im Rahmen einer Arbeitsphase die Aufgabe, in Partnerarbeit mindestens drei andere Analysen zu kommentieren, positive sowie negative Aspekte herauszustellen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Der Grund für dieses Herangehensweise war, dass ich es in meinem normalen Unterricht niemals schaffe, alle Übungstexte eines kompletten Kurses durchzulesen und sinnvoll zu kommentieren (weshalb man ja auch schon in der analogen Welt dazu übergeht, sogenannte „Schreibkonferenzen“ abzuhalten). Diese Situation empfinde ich bis heute als sehr unbefriedigend, weil ich ja gerne sowohl den ganz schwachen SuS Unterstützung bieten möchte, aber auch den Schülerinnen und Schülern, die schon ganz ordentliche Texte schreiben. Selbst den besten Schülern kann man immer einen Tipp zur Verbesserung oder Optimierung auf den Weg geben. [...]"
https://cspannagel.wordpress.com/2015/06/14/danke-digitalfoto/ 

http://www.rete-mirabile.net/lernen/blogparade-digitale-medien/

Warum digitale Medien nutzen? http://frauschuetze.de/?p=6799 25.7.2015



Andererseits eine Gegenposition: 
"Immer öfter vernimmt man ernüchternde Berichte über die Erfolge der digitalen Bildungsformate. Studenten brechen diese Veranstaltungen ab bzw. nutzen die Angebote zu selten.
 Zuletzt kam ein Beitrag in einem internationalen Wissenschaftsjournal beispielsweise zu dem Schluss, dass Reiche diese Technologien nicht brauchen werden und Arme zu wenig motiviert sind, diese zu nutzen.
 Technologie alleine kann also dieses Problem - so der Autor - nicht beheben. Aber wo liegt denn nun das Problem?
 Der Verfasser des Beitrags nannte hier vor allem die fehlende Motivation und Peer Pressure. [...]
In einem Interview aus dem Jahre 1989 antizipierte der berühmte Science Fiction Autor Isaac Asimov nicht nur die Grundzüge des Internets, er war auch überzeugt, dass nun für das Lernen völlig neue Zeiten anbrechen würden.
Jeder könne dann direkt auf Wissensquellen zugreifen, Fragen stellen und in seiner Geschwindigkeit ohne standardisierte Curricula lernen, was „einen interessiert".
Das klingt natürlich utopisch, aber Asimov hatte wie kein anderer erkannt, dass digitales Lernen auch etwas mit der Wiederentdeckung der Freude am Lernen zu tun haben wird. „Es sei dann" so Asimov „eigentlich egal, welches Thema einen interessiere." Weil der Zugang, wenn er einmal gefunden sei, früher oder später zu einem anderen Themengebieten führe."
Experten-Befragung von Schulleitern zur Nutzung digitaler Medien, 14.7.15
Was den Schulleitern grundsätzlich Sorgen bereitet, sind die verschiedenen Formen des Mobbings in sozialen Medien wie z.B. WhatsApp, Instagram und Snapchat: Die reichen vom harmlosen Bloßstellen bis zur bösartigen Verleumdung – oftmals auch von Schülern außerhalb der eigenen Schule. Nachdem vor einigen Jahren auch manche Lehrer zur Zielscheibe negativer Äußerungen im Web wurden, leiden heute vor allem die Schüler selbst darunter. [...] Obwohl die Kollegen nach Beobachtung der Schulleiter im Privatleben selbstverständlich digitale Medien nutzen, sind sie bei deren Verwendung im Lehr- und Lernkontext häufig unsicher – insbesondere wenn es um Social Media wie Facebook, WhatsApp oder Snapchat geht. Eine systematische Qualifizierung für Lehrer wäre sicherlich hilfreich. [...] So lässt sich zusammenfassend feststellen, dass unzureichende Lehrerfortbildung, fehlende didaktische Konzepte, Vorbehalte und Bedenken seitens der – nicht nur älteren – Lehrerschaft sowie ungenügende Finanzierungsmöglichkeiten für Betrieb, Support und Lernsoftware die derzeit größten Herausforderungen in Sachen Digitale Schule darstellen. Auf der anderen Seite stehen große Hoffnungen und Erwartungen mit Blick auf einen modernen und motivierenden digitalen Unterricht [...]

Die Schule probt den digitalen Hochsprung FAZ, 24.7.2015

In der Debatte um digitale Bildung arbeiten sich beide Seiten an Karikaturen ihrer Gegenspieler ab. Und im Hintergrund lauert das große Geschäft. 23.07.2015, von F. KÜCHEMANN
[...] Die Schulforscherin Birgit Eickelmann von der Universität Paderborn, mit Bos zusammen Leiterin der nationalen Erhebung besagter ICILS-Studie, stellte im Gespräch mit dieser Zeitung fest, „dass wir in Deutschland gerade ein Drittel der Schüler auf dem Weg in die Informations- und Wissensgesellschaft vollkommen verlieren und dass wir uns den Luxus erlauben, das Potential einer ganzen Schülergeneration zu vergeuden“. Diejenigen Lehrer, die gern neue Technologien nutzen wollten, fänden im Moment nicht die geeigneten Rahmenbedingungen vor, die modernes Lehren und Lernen überhaupt ermöglichten. Und annähernd dreißig Prozent der in Deutschland befragten Lehrer fänden der Studie zufolge gar, ihre Schüler würden durch den Einsatz digitaler Medien vom Lernen abgelenkt.
Eine Meinung, die leicht angestaubt wirkt. Dabei gibt es für sie durchaus zeitgemäße Argumente - aus der Hirnforschung, der Entwicklungs- und der Motivationspsychologie zum Beispiel, wie Gerald Lembke und Ingo Leipner in ihrem Buch „Die Lüge der digitalen Bildung“ (Redline Wirtschaft, München 2015) ausführen. „Digitale Medien stressen (...) erheblich den Arbeitsspeicher des Stirnhirns“, postulieren sie, „weil sie ihn gleichzeitig mit zu vielen Reizen bombardieren. Dadurch erlahmt unmerklich die Konzentration - und auch die willentliche Bereitschaft schwindet, die neuen Lerninhalte mit vorhandenem Wissen zu kombinieren.“  [...]

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