17.10.15

Über den Ursprung der Redeweise "Schlagt ihn tot, den Hund"

Ich füge mal "Schlagt ihn tot, das Weltgericht fragt euch nach den Gründen nicht" aus der "Herrmannsschlacht" von Heinrich von Kleist hinzu. (Mehr dazu: hier)
Allgemein steht dahinter das Bedürfnis nach Vernichtung des anderen als energischste Form der Selbstbehauptung.
Da der Hund vermutlich das erste Wesen einer fremden Art ist, das der Urmensch zu seinem Diener (und nicht nur zum Nutzvieh) zu machen verstand, steht hinter "Schlagt ihn tot, den Hund" wohl die Vorstellung, dass dem anderen Wesen nur Überlebensrecht zugestanden wird, wenn es zur Ausweitung meines Ego dient (im Kantschen Sinne, wenn es zum Mittel gemacht wird). 
Gedanklich ist die Erniedrigung des Gegners zum Hund wohl erst aufgekommen, als eine Vorstellung der Gleichberechtigung aller Menschen (sei es über christliche, sei es über allgemein humanitäre Vorstellungen) in den Köpfen auftauchte und die Vorstellung, mit der Versklavung verliere ein Mensch seine Zugehörigkeit zur Art Mensch, nicht mehr so gut funktionierte.
Mehr dazu bei gutefrage.net, insbesondere auch zu Goethes Gedicht mit den Zeilen "Schlagt ihn tot, den Hund! / Es ist ein Rezensent" .
Von dort lässt sich trefflich eine Linie zu Martin Walsers "Tod eines Kritikers" und allgemein zu Autoreneitelkeit und zu kollegialer Herabsetzung ziehen, so etwa, wo Thomas Mann und Robert Musil ihren geschäftlich erfolgreicheren, aber im künstlerischen Anspruch weniger ambitionierten Kollegen Stefan Zweig schmähten. - Wie sympathisch dagegen Wieland, der trotz Goethes "Götter, Helden und Wieland" diesen in einem Privatbrief in höchsten Tönen lobte, und die Anekdote über Haydn, wonach er - als er von einer herabsetzenden Äußerung Beethovens über seine Person - wie folgt reagiert haben soll: "Was hat er schon geschrieben! [und dann nach einer Aufzählung seiner Werkkategorien mit immer positiveren Kennzeichnungen endete mit:] Und seine Sinfonien. Seine Sinfonien sind göttlich!"
Solcher Umgang mit Kollegen war von einem Autor, der wie Kleist, Nietzsche oder Musil sich von der Öffentlichkeit verkannt fühlen musste, nicht zu erwarten.
Die Vorstellung, dass dem anderen Wesen nur Überlebensrecht zugestanden wird, wenn es zur Ausweitung meines Ego dient, liegt auch der Ablehnung von Hilfe für Flüchtlinge zugrunde. 
‘s ist Krieg! ‘s ist Krieg!
O Gottes Engel wehre,
Und rede Du darein!
‘s ist leider Krieg –
und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!

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